Neue Erkenntnisse und Motivation …
ein Nachbericht über das DSB-Seminar „Kommunikations- und Bewältigungsstrategien für Menschen mit Hörminderung“
Sich mit dem eigenen Hörverlust und dessen Folgen auseinanderzusetzen, ist das eine. Proaktive Lösungen für das alltägliche Leben mit einer Schwerhörigkeit zu finden, ist dagegen etwas ganz anderes.
Und genau darum ging es in dem dreitätigen Selbsthilfe-Seminar „Kommunikations- und Bewältigungsstrategien für Menschen mit Hörminderung“ des DSB vom 27. bis 29. Mai in Berlin.
Nach den Informationen über die Anatomie, die Hörminderung allgemein und den sich daraus ergebenden negativen Folgen für die Lebensqualität, wurden gemeinsam Strategien erarbeitet, wie die selbstverständliche Teilhabe am sozialen Leben auch mit zunehmender Hörminderung fortgesetzt werden kann.
Als selbst von Schwerhörigkeit Betroffene, Audiotherapeutin (DSB), systemischer Coach und auf Basis sehr vieler wissenschaftlicher Studien, die ich zu diesen Themen gelesen habe, weiß ich als Seminarleiterin sehr genau, wo die Herausforderungen eines Lebens mit Schwerhörigkeit liegen, wie groß die Hürden oft sind, sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen und welche Möglichkeiten es gibt, passende strategische Antworten für den Alltag zu finden.
Ein wesentlicher Schwerpunkt lag daher auf der lösungsorientierten Kommunikation der eigenen Schwerhörigkeit dem i.d.R. gut hörenden Umfeld gegenüber. Denn wer möchte, dass das Umfeld die eigenen Wünsche für die gemeinsame Kommunikation umsetzt oder gar eigenständig Vorschläge entwickelt, der muss dessen Eigenmotivation aktiviert bekommen. Ein freundlich bestimmtes, selbstbewusstes Auftreten und die lösungsorientierte innere Haltung des Schwerhörigen seinem Umfeld gegenüber ist dafür die Voraussetzung.
Ein weiterer zentraler Punkt war das – auch körperliche! – Erkennen des alltäglichen Hörstresses, seiner Auswirkungen auf die Lebensgestaltung und das Finden von Wegen zur Erhaltung der eigenen Energie-Reserven. Unterschieden wird hier zwischen inneren und äußeren Stressoren, für die es jeweils unterschiedliche Herangehensweisen für den Umgang mit ihnen gibt.
Auch wenn die Tage lang waren und sehr viele Informationen vermittelt wurden, wurde viel gelacht und fröhlich gemeinsam gearbeitet. Besonders die Rollenspiele am letzten Tag trugen zur allgemeinen Erheiterung bei und verdeutlichten zugleich die Dringlichkeit eines bewussten, pro-aktiven Umgangs mit den eigenen akustischen Einschränkungen.
Auch das abendliche Beisammensitzen bei sommerlichen Temperaturen im grünen Garten des Christophorus Hotels war eine herzliche und willkommene Gelegenheit für den gemeinsamen Austausch und intensive Gespräche.
Das Seminar war an alle Schwerhörigen gerichtet, die die eigene Akzeptanz, den Umgang mit ihrer Schwerhörigkeit und die Kommunikation mit dem gut hörenden Umfeld verbessern wollten.
Obwohl sich ein Großteil der Teilnehmer ehrenamtlich in lokalen Selbsthilfegruppen engagiert, und sie sich daher bereits mehr oder weniger ausgiebig mit den genannten Themen auseinandergesetzt hat- ten, konnten alle berichten, viel Neues gelernt zu haben. Besonders die Äußerungen, dass sie ihre bisherigen Strategien zum Umgang mit ihrer Hörschädigung überdacht haben und in Zukunft in
vielen Situationen lösungsorientierter handeln möchten, hat mich als Seminarleiterin besonders gefreut.
Auch der permanente Hörstress war vielen Teilnehmern vorab zwar bekannt, dessen große Auswirkung auf die Lebensqualität – und damit einhergehend dem entsprechend dringenden Handlungsbedarf zur Lösungsfindung – ist vielen jedoch erst durch das Seminar aufgefallen.
Ich freue mich sehr, dass die Teilnehmer um eine Wiederholung für andere Betroffene und vor allem um eine Fortsetzung des Seminars für sich selbst gebeten haben. Und zugleich zeigt dies deutlich, dass zur Weiterbildung für von Schwerhörigkeit Betroffene noch deutlich mehr als bisher getan werden kann. Umso dankbarer bin ich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte!
Jana Verheyen, Mitglied im BdS,
Audiotherapeutin und Coach für Schwerhörige – www.audio-coaching.net